Druck, Stress, Hektik und das Bemühen um die besten Plätze im
täglichen Kampf um Erfolg und Anerkennung - kennt Ihr so etwas? Wie
sieht eigentlich ein Leben voller Gelassenheit und Souveränität aus? Im
Juni 2008 ist mir eine Antwort bei einem Ausflug zum
Vogelpark Heiligenkirchen “zugeflogen”.
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Tom Luca mit zwei Aras |
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Dort gibt es eine schöne Parkanlage, wo über 300 Tierarten aus aller
Welt in großen Volieren und Freigehegen leben. Der Name lässt schon
darauf schließen, dass es sich hier überwiegend um Vögel handelt. Wir
sahen aber auch andere Tiere wie Präriehunde, Kängurus und Affen.
Letztere zogen meinen Sohn Tom Luca magisch an. Diese Totenkopf-
und Weißbüscheläffchen waren aber auch sehr putzig.
Um
15 Uhr gab es eine Führung inklusive Fütterung. Katja Mikus, die
Biologin des Vogelparks, erzählte sehr informativ und liebevoll über das
Verhalten der Tiere. Die Kinder hatten einen Riesenspaß. Sie durften
nämlich alle beim Füttern helfen. Einige Vögel bekamen Körner, andere
Brot, wieder andere Hühnchen. Das Füttern mit lebendigen Mehlwürmern war
Tom Luca nicht ganz geheuer. Lauter Gekrieche auf der eigenen Hand -
das sollten lieber die anderen Kinder machen.
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Graupapagei |
“Nah
ran gehen - nicht aus der zweiten Reihe werfen”, hörte man Frau Mikus
rufen. Verständlich, denn wer möchte schon einen Satz kriechender
Mehlwürmer in seinen Kragen bekommen. Das Highlight für die Kinder und
einige Erwachsene sollte aber noch kommen. Nach der Fütterung gingen wir
zur Streichelwiese für Papageien. Die Vögel setzen sich auf die
Schulter, fraßen aus der Hand und ließen sich problemlos streicheln.
So
etwas sollte man aber nur in dem dafür vorgesehenen Bereich tun. Kurz
hinter dem Eingangsbereich sitzt der Papagei Max. Der lässt sich nicht
anfassen. Wenn man es trotzdem versucht, könnte es sein, dass er beißt.
Ich habe beobachtet, wie er mit seinem starken Schnabel ganz locker eine
harte Nuss geknackt hat. Es könnte also ziemlich unangenehm werden,
wenn Max zuhackt.
Obwohl das Erlebnis mit den Papageien etwas Besonderes hatte, ist
etwas anderes der Hauptgrund für meinen Bericht. Dazu müssen wir noch
einmal zurück zur letzten Station der Fütterung. In einem Gehege mit
ausschließlich afrikanischen Vögeln warteten Kormorane, Ibisse,
Kraniche, Pfeifenten und Marabus auf ihre Fischration. Während Frau
Mikus uns einige Erläuterungen gab, versuchte ein gieriger Pelikan,
schon vorher den Fisch zu klauen. Hin und wieder bekam er von Frau Mikus
einen Klaps auf seinen weit aufgerissenen Schnabel. So richtig half das
aber nicht, denn er drängelte sich immer wieder vor. Dann wurden die
Fische durch die Luft geworfen, und es entbrannte ein hektischer Kampf um
die Futterstücke. Alle Vögel waren in heller Aufregung - mit einer
Ausnahme:
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Sattelstorch im Afrikagehege |
Zwei
Sattelstörche standen ganz cool in der zweiten Reihe und ließen sich
nicht von den umher rennenden Tieren aus der Ruhe bringen. Mit enormer
Sicherheit und meisterlichem Geschick fingen sie die Fische direkt aus
der Luft, während die anderen sich mit dem begnügten, was in den Sand
fiel. Wenn sie mal ausnahmsweise einen Fisch vom Boden aufhoben, fraßen
sie ihn nicht sofort. Sie gingen einige Meter zurück zu einem Teich und
wuschen den Fisch im Wasser. Die anderen Vögel verschlangen ihr sandiges
Futter auf der Stelle, denn es galt ja, keine Zeit zu verlieren. Man
könnte sonst den nächsten Fisch verpassen.
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Sattelstörche im Afrikagehege |
Auch
durch ihre Größe waren sie den anderen Vögeln überlegen. Ein
Sattelstorch kann bis zu 1,30 Meter lang werden mit einer
Flügelspannweite von 2,50 Meter. Außer des Klapperns am Nest ist er ein
stiller Vogel, allerdings ziemlich eitel. Der Schnabel ist
schwarz-rot-gelb gefärbt. Man hätte ihn auch gut als Maskottchen für die
deutsche Fußball-Nationalmannschaft nehmen können. Diese Idee hatten
gleich mehrere Leute, weil am selben Tag noch das EM-Endspiel gegen
Spanien stattfand.
Die
darauf folgenden Tage hatte ich noch oft über das Erlebte nachgedacht.
Das hektische Treiben der Vögel erinnerte mich stark an Situationen, wo
eine “Fütterung” für uns Menschen stattfindet. Der Unterschied ist nur,
dass keine Fische verteilt werden. Es geht um andere Dinge, die uns aber
genauso wichtig sind, wie Fisch für die Vögel. Wir kämpfen darum, eine
gute Ausgangsposition zu erhaschen und versuchen manchmal, uns auf
Kosten anderer Menschen vorzudrängeln. Wenn dann das Geld anderer Leute,
Anerkennung, gute Arbeitsplätze, lukrative Aufträge oder menschliche
Zuwendungen “durch die Luft geworfen werden”, versuchen wir in
hektischer Art und Weise, zu kriegen, was irgendwie geht. Und wenn es
auf den Boden fällt und dabei sandig wird - egal, besser als gar nichts.
Die “Sattelstörche” unter uns haben solch ein Verhalten nicht nötig.
Sie sind sich ihrer Stärke bewusst und nehmen sich einfach das, was sie
brauchen. Hektisches Verhalten ist ihnen fremd. Sie brauchen sich nicht
mit den anderen um die Brocken zu schlagen. Sie nutzen die Gunst der
Stunde und fangen das auf, was das Leben ihnen zuwirft. Wenn doch mal
was “in den Sand gesetzt wurde”, dann wird es halt “bereinigt” und man
kann es anschließend wieder genießen.
Egozentrisches Verhalten voller Gier und ständiger Angst, zu kurz zu
kommen, bringt uns nicht weiter. Menschen mit Vertrauen und Souveränität
sind das Licht dieser Welt. Werden wir wie die Sattelstörche!
Fotos 1-2: © : Udo Michaelis
Fotos 3-5: © : Vogelpark Heiligenkirchen
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