Donnerstag, 24. März 2022

Anastasia – eine Geflüchtete hilft nun Flüchtlingen aus der Ukraine

Krywyj Rih, Ukraine
Anastasia ist 22 Jahre alt und kommt aus Krywyj Rih, einer Großstadt, die etwas südlich des ukrainischen Zentrums liegt. Es ist mit etwas mehr als 600.000 Einwohner die achtgrößte und von den Abmessungen her die längste Stadt der Ukraine, denn die am weitesten entfernten Punkte liegen 126 Kilometer auseinander. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in der Stadt geboren und seine Eltern leben immer noch dort.

Anastasia als Zwölfjährige mit ihrem Vater

Der Vater von Anastasia hatte seiner Tochter nahegelegt, die Ukraine zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Er war früher Unteroffizier in der ukrainischen Armee und aufgrund der jüngsten Entwicklungen in ihrer Gegend wusste er genau, was die Stunde geschlagen hat. Anastasia dachte allerdings überhaupt nicht daran, die Ukraine zu verlassen. Sie wollte lieber für ihre Familie da sein und dort Unterstützung leisten, wo diese benötigt sonst wird. Es war wichtig, die Bevölkerung und die Armee mit Medikamenten und Lebensmitteln zu versorgen, da wollte sie sich einbringen. Die Mutter war hin- und hergerissen und hat viel geweint, denn sie wollte einerseits ihr einziges Kind nicht gehen lassen und andererseits ihre Tochter in Sicherheit wissen.

Der erste Schultag mit Mama
Zwei Wochen lang haben die Drei über dieses Thema diskutiert und gestritten, geweint und geschimpft. Letzten Endes hat sich der Vater durchgesetzt, indem er Tatsachen geschaffen hat: Er organisierte einen Fahrer und diesen hatte er bereits bezahlt, damit er Anastasia zur polnischen Grenze fahren sollte. Der dafür aufgewendete Betrag entsprach einem halben Monatseinkommen in der Ukraine. Eines morgens forderte der Vater Anastasia auf, sofort ihre nötigsten Sachen zusammenzupacken, denn der Bus würde um 12 Uhr aufbrechen. Er wusste, dass die russische Armee kurz davor war, die Stadt zu umzingeln. Jeder weitere Tag des Wartens hätte die Chancen auf eine Flucht verschlechtert und vielleicht sogar unmöglich gemacht. Schließlich hat Anastasia sich dem Druck ihres Vaters gebeugt und hat sich auf den Weg gemacht.

Wovor die Eltern von Anastasia am meisten Angst hatten, war der Hunger! Es gibt Orte in der Ukraine, die sind von der Versorgung abgeschnitten und die Menschen haben teilweise schon tagelang nichts mehr gegessen. Ansonsten war die Angst zu sterben, nicht sehr groß. Sollte es passieren, dann wäre es eben so. Sie sahen es so, dass sie im Wesentlichen ihr eigenes Leben gelebt haben, doch ihre Tochter ist die Zukunft – sie soll weiterleben, das bedeutet ihnen viel!

Das einzige Foto von Anastasias Flucht
Als sich Anastasia auf den Weg in eine noch ungewissen Zukunft machte, hatten alle Drei Angst! Es war keine Angst vor dem, was sie in Deutschland erwarten würde, dort käme sie mit ihren guten Sprachkenntnissen sicher zurecht. Doch was könnte unterwegs alles passieren?! Es ist leider vorgekommen, dass russische Soldaten Züge oder Busse mit Flüchtlingen angegriffen haben. Deshalb ging es erst einmal darum, wohlbehalten über die Grenze zu kommen. 12 Stunden hat es gedauert und Anastasia war in Polen – 12 Stunden mit großem Zittern und die erste wichtige Etappe war geschafft! In der Zeit danach bis zur Ankunft am Zielort, hatte Anastasia ihre Angst komplett ausgeblendet – sie kam sich irgendwie vor wie eine Darstellerin in einem Action-Film.

Wir hatten für Anastasia eine Familie in Siegen vorgesehen, bei der sie ein eigenes Zimmer bekommen hätte. Unsere Info war, dass sie in den frühen Morgenstunden mit dem Bus in Köln eintreffen sollte und von dort hätte sie einen Zug nach Siegen nehmen müssen. Da der Busfahrer aber wusste, dass sie nach Siegen wollte und dies auf dem Weg lag, hatte dieser sie direkt in Siegen abgesetzt. Meine Frau bekam nachts um 1 Uhr einen Anruf, dass Anastasia bereits am Siegener Hauptbahnhof war. Die Gastfamilie konnten wir um diese Zeit nicht mehr erreichen, also mussten wir improvisieren. Meine Frau und ich wohnen in einem Fachwerkhaus, gemeinsam mit meiner Stieftochter, ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Wir haben in der unteren Etage eine kleine Wohnung und die Familie oben eine größere. Nun wurde oben in Kinderzimmer Platz geschaffen, damit Anastasia einen Schlafplatz hatte.

Am anderen Tag sollte sie zur Gastfamilie nach Siegen gefahren werden. Sie druckste so eigenartig rum, aber wollte nicht so richtig raus mit der Sprache. Meine Frau hatte sie dann dazu gebracht, sich zu äußern und sie sagte ihr dann sehr verunsichert, dass sie lieber bei uns bleiben würde, weil sie zu uns Vertrauen hätte. Irgendwie fühlte es sich für uns richtig an, Anastasia diese Bitte zu gewähren. Eigentlich war es anders geplant und meine Stieftochter wollte ein Zimmer für eine Frau mit einem oder zwei Kindern bereitstellen. Im Nachhinein betrachtet, hätte uns nichts besseres passieren können, als Anastasia aufzunehmen: Da sie Deutsch spricht, ist sie nun mittendrin in unserer "Flüchtlingshilfe" und hat die Rolle als Dolmetscherin. Es hat für die traumatisierten Flüchtlinge eine beruhigende und vertrauenserweckende Wirkung, wenn jemand in ihrer Muttersprache die Dinge vermittelt.

Anastasia beim Bachelor-Abschluss
Dieser Verlauf hat sich also für alle als wahrer Glücksgriff herausgestellt. Das ist aber noch nicht alles: Anastasia hat in der Ukraine ihr Grundstudium in Pädagogik absolviert und einen Bachelor-Abschluss erworben, in Deutschland würden wir „Lehramt“ sagen. Wir haben schon geklärt, dass sie ihr Studium in Deutschland fortsetzen kann, denn sie möchte noch ihren Master machen. Und aus dieser Tatsache heraus, ergibt sich der nächste Glücksfall: Es werden hier dringend Leute gesucht, die die ukrainischen Kinder unterrichten, denn die müssen ja weiter zur Schule. Anastasia war in der Ukraine als Lehrerin in einer Art Volontariat eingesetzt und hat in einer Grundschule Englisch, Deutsch und Literatur unterrichtet. Das nächste Tätigkeitsfeld wartet also schon auf sie und sie freut sich darauf. 😊

Anastasia unterrichtet an einer Schule in der Ukraine

Deutschunterricht in der Ukraine








Donnerstag, 17. März 2022

Wie wir ukrainischen Flüchtlingen helfen

Aus Scheiße entsteht manchmal Dünger! 💩 Ich habe mir eine Covid-Infektion eingefangen und mir ging es einige Tage ziemlich beschissen. Was sich allerdings aus unserer Quarantänesituation heraus entwickelt hat, möchte ich nicht missen.

Sollte mein vorübergehendes Unwohlsein der Preis dafür gewesen sein, einigen ukrainischen Flüchtlingen in ihrer Not beizustehen und ihnen zu einem menschenwürdigen Leben in Frieden und Sicherheit zu verhelfen, dann steht es für mich außer Frage: Das war es wert! 👍

In Sachen Ukraine waren wir schon vorher aktiv. Wir haben Hilfsgüter gesammelt, die wurden in der Firma vom Schwiegervater meiner Stieftochter gelagert und dann mit 3 Transportern in die Ukraine geschafft. Das wurde jetzt gestoppt, wir kommen nicht mehr rüber.


Meine Frau bekam einen Anruf, ob sie eine Idee hätte, wo man 6 Nigerianer unterbringen könne, die in der Ukraine studieren und nun auf der Flucht sind. Während des Telefongespräches war gerade mein Stiefsohn zu Besuch. Noch am Vorabend sagte ein anderer Helfer bei der Verladung der Hilfstransporte zu ihm, falls mal dringend Flüchtlinge untergebracht werden müssen, hätte er einen Ansprechpartner, der sich darum kümmert, dass die Menschen in eigene Wohnungen oder bei Familien unterkommen. Es hat geklappt: Die nigerianischen Studenten waren die ersten, denen wir auf diese Weise helfen konnten.

Dann schlug Corona zu! Mit einem CT-Wert von 17,5 war meine Viruslast sehr hoch. Meine Frau arbeitet als MFA und ihr Chef hatte für sie eine Quarantäne als Vorsichtsmaßnahme angeordnet, denn er wollte kein unnötiges Risiko für seine Praxis eingehen. Inzwischen hatte sich ein Kontakt zu einer Flüchtlingshelferin aus Köln ergeben. Dort versucht man händeringend Unterkünfte zu finden. Köln ist dermaßen überlaufen, dass die Helfer nicht wissen, wo sie die vielen Menschen unterbringen sollen. Meine Frau hat daraufhin Hilfe angeboten, indem wir Unterkünfte im Siegerland organisieren und auf diese Weise Köln entlasten konnten.

Nun stand das Telefon nicht mehr still! Die Flüchtlingshelfer geben die Nummer von meiner Frau an die Flüchtlinge weiter, diese nehmen Kontakt mit ihr auf, telefonisch oder per WhatsApp, teilweise auf Englisch, teilweise auf Deutsch mittels Google-Übersetzer. Als dann eine Nachricht auf Russisch kam, hat sie jemanden gesucht, der uns in dieser Hinsicht helfen konnte. Auch das klappt mittlerweile gut, denn wir haben eine russischsprechende Frau mit ins Boot geholt, die die Texte übersetzt und Sprachnachrichten in russischer Sprache für die Flüchtlinge aufspricht. Die andere Seite muss natürlich auch organisiert werden: Es wird Kontakt zu Leuten hergestellt, die Wohnungen zur Verfügung stellen oder Personen in ihrer eigenen Wohnung unterbringen können. Das alles ist sehr arbeitsintensiv, es wird Kontakt zu den Flüchtlingen gehalten, wann sie wo ankommen, dann muss organisiert werden, dass sie jemand vom Bahnhof abholt und zur entsprechenden Unterkunft bringt. Einige werden zunächst in einer Massenunterkunft untergebracht, weil sie vielleicht mitten in der Nacht ankommen oder momentan keine andere Möglichkeit besteht.

Dann erleben wir manchmal Dinge, bei denen wir plötzlich improvisieren müssen. Eine ukrainische Frau wartete mit ihrem Kind am Siegener Bahnhof darauf, von einem Mann abgeholt zu werden. Der kam aber nicht selbst, sondern schickte stattdessen eine Frau. Als diese auf die Flüchtlinge zuging und sie ansprach, schüttelte die Ukrainerin heftig den Kopf, rief immerzu „Njet“ und zitterte am ganzen Körper. Die Frau hat dann ein Foto von sich gemacht, dieses an meine Frau geschickt und sie hat es an die Ukrainerin weitergeleitet und dazu geschrieben, dass diese Frau sie abholt und alles okay ist. Schließlich ist es gelungen, diese traumatisierte Frau zu beruhigen.

Etwas Ähnliches kommt immer wieder vor und an manchen Tagen ist das fast ein Vollzeitjob. Insofern wäre unser Engagement neben der normalen Arbeit in diesem Ausmaß überhaupt nicht möglich gewesen und eigentlich hat das nur die Quarantäne ermöglicht. Die Hauptlast liegt dabei eindeutig auf meiner Frau, denn ich selbst war durch die Covid-Infektion echt platt, konnte mich kaum beteiligen und habe nur hier und da bei der Kommunikation in Englisch geholfen. Es grenzt schon fast an ein Wunder, dass meine Frau die ganze Zeit trotz Kontakt zu mir Covid negativ geblieben ist. Keine Ahnung, welcher Engel in welcher Himmelsregion das und das Timing mit der Quarantäne eingefädelt hat, aber wir sind ihm dankbar dafür. 😊

Wir haben auch einige Dramen erlebt: Eine Familie war auf dem Weg zu uns und sie sind in Bayern steckengeblieben, weil der Großvater die Strapazen nicht überstanden hat und nicht weiterreisen konnte, er muss jetzt im Krankenhaus medizinisch betreut werden. Eine andere Familie hat es über die Grenze nach Deutschland geschafft und bekam dann die Nachricht, dass der Vater der Kinder bei der Verteidigung gegen die russischen Soldaten ums Leben gekommen ist. So was ist heftig! 😥

Wir erleben momentan eine Wandlung in unserer Flüchtlingsarbeit: Die, denen geholfen wurde, helfen anderen – Ukrainer helfen Ukrainern. Es sind Menschen,
die schlimmes Leid erfahren haben und die sich ihre Würde bewahrt haben.

Sie sind für andere da und packen mit an, sie wollen es selbst so! Und heute wird im großen Stil gekocht. Es gibt Borschtsch – ich bin gespannt, wie es schmeckt! 😊

Fotos:
“Peace Flag Ukraine” 
©: Bernd Wachtmeister / PIXELIO
"Hilfstransporte Ukraine" ©: Lars Langenbach
“Borschtsch 1” ©: W. R. Wagner / PIXELIO

Mittwoch, 16. März 2022

Das Geheimnis des Lebens - Leseprobe

Der Schlüssel, der alle Türen öffnet
Angenommen, es gäbe einen Gegenstand, der Dir die absolute Kontrolle über Dein Leben gibt. Du brauchst nur etwas Bestimmtes zu denken und es wird sofort wahr. Die ganze Welt stände Dir offen: Reichtum, Macht, eine glückliche Beziehung – einfach alles! Du willst berühmt, unverschämt erfolgreich oder einfach nur der glücklichste Mensch auf Erden sein? Kein Problem! Stell es Dir vor und es geschieht.

Ein solcher Gegenstand steht im Mittelpunkt unserer Geschichte: die mysteriöse Schriftrolle. Doch nicht der Besitz dieser Rolle verleiht Dir grenzenlose Macht. Du musst ihren Inhalt kennen, ihren Sinn verstehen und ihn in der rechten Weise anwenden. Dann öffnen sich Dir alle Türen.

Doch wer sie hat, ist in Gefahr! Manche wissen von dieser Rolle und jagen ihr unerbittlich nach. Skrupellose Zeitgenossen stellen alles auf die Beine, um sie in ihren Besitz zu bekommen. Sie schrecken vor nichts zurück. Auch nicht vor Mord!

Aber es gibt auch vom Schicksal berufene aufrichtige Menschen. Diese Helden versuchen mit allen Kräften zu verhindern, dass die Schriftrolle in die falschen Hände gerät. Und sie arbeiten daran, den verborgenen Schatz der Schriftrolle vollständig zu entschlüsseln. Wenn die Zeit gekommen ist, wollen sie ihn den Menschen offenbaren. Alle Bewohner dieses Planeten sollen davon profitieren. Keiner bräuchte mehr arm zu sein und niemand müsste mehr leiden. Die ganze Welt würde sich verändern!

Prolog

Maro gehörte bestimmt nicht zu denen, die man einen Feigling nennen würde. Als geübter Schwertkämpfer wich er keiner Auseinandersetzung aus, wenn es darauf ankam. Trotz seiner jugendlichen achtzehn Jahre hatten die Menschen großen Respekt vor seinen Kampfkünsten. Doch nun hatte sogar selbst er Angst.

Heute tauchten plötzlich Fremde in seinem japanischen Heimatort auf. Was wollten die Leute in diesem verschlafenen Dorf auf der Insel Hokaido? Acht Männer kamen auf Pferden geritten. Sie waren allesamt schwarz gekleidet, trugen Helme und waren mit Schwertern bewaffnet. Fünf von ihnen hatten außerdem Gewehre, die übrigen drei einen Bogen mit Köcher und Pfeilen darin. Sie machten mitten im Ort halt und redeten miteinander, so leise, dass niemand der Dorfbewohner ihre Worte verstehen konnte. Währenddessen blieben sie auf ihren Pferden sitzen.

Maro hatte den Eindruck, dass sie ihn beobachteten. Er bekam schweißnasse Hände. Sein Herzschlag raste wie ein Pferd, das vor einem Waldbrand flieht. Die Erinnerungen an die Worte seines Großvaters bewirkten einen stechenden Schmerz in seinen Schläfen: „Eines Tages werden sie kommen. Es werden erprobte und gefährliche Kämpfer sein. Sie werden mit allen Mitteln versuchen, es sich zu holen. Niemals darf das geschehen! Sollte es in ihre Hände geraten, würden sie großes Unheil über unser Land bringen“.

Nun hatte Maro es eilig, nach Hause zu kommen. Hastig schwang er sich auf sein Pferd und ritt davon. Das Haus, in dem er mit seinem Großvater lebte, befand sich außerhalb des Dorfes inmitten eines Waldgebietes. Mit normalem Reittempo benötigte er eine knappe Stunde, um vom Dorf nach Hause zu gelangen. Heute sollte deutlich weniger Zeit verstreichen. Er trieb sein Pferd dermaßen an, dass Ross und Reiter schnaufend durch die Wälder zu fliegen schienen. Zwischendurch sah sich Maro immer wieder um. Er hatte das Gefühl, verfolgt zu werden, konnte jedoch niemanden entdecken. „Wahrscheinlich bilde ich es mir nur ein“, dachte er bei sich.

Zu Hause angekommen brachte Maro sein Pferd in den Stall und nahm den Sattel herunter. Er verzichtete jedoch darauf, sich weiter um das Pferd zu kümmern, wie er es sonst tat, und eilte schnell ins Haus. Gerade in dem Augenblick, als er die Tür schließen wollte, sah er von Weitem die acht schwarzgekleideten Männer heranreiten. „Sie sind gekommen, Großvater. Sie kommen, um es zu holen.“ „Maro, bitte verriegle nicht die Tür! Ich will nicht, dass sie eingeschlagen wird und ich sie anschließend ersetzen muss.“ „Aber dann wären die Männer doch direkt in unserem Haus“, rief Maro panisch wie verwundert. „Warum sollen wir es ihnen leicht machen, anstatt sie aufzuhalten? Wollen wir ihnen nicht Widerstand entgegen setzen, so gut wir können?“ Der alte Mann sah seinem Enkel ruhig in die Augen: „Unser Widerstand wird anderer Natur sein. Achte darauf, dass Du nicht an den Rand des Raumes gelangst und keinesfalls das Haus verlässt. Bleib immer in meiner Nähe, dann bist Du sicher.“

Maro kam nicht dazu, über die Worte seines Großvaters nachzudenken, denn bereits im selben Augenblick stürmten die Männer durch die Tür. Maro stellte sich neben seinen Großvater in die Mitte des Raumes. Zwei der Männer blieben in der Nähe der Tür stehen. Einer der beiden war von einer breiten Narbe gezeichnet, die vom linken Ohr bis zum Mundwinkel reichte. Die übrigen sechs Schwarzgekleideten rannten auf Maro und seinen Großvater zu. Als sie bis auf drei Schritte an sie herangekommen waren, fielen sie plötzlich ohne erkennbaren Grund zu Boden.

Ein Mann richtete sich auf und bewegte sich erneut Richtung Raummitte. Und wieder geschah das Gleiche. Es war, als würde er gegen eine unsichtbare Wand laufen. Ein anderer tastete die Stelle in der Luft ab, an der er abgeprallt war. Doch da war nichts. Eigentlich ist „abgeprallt“ nicht das richtige Wort, denn keiner der Männer stieß gegen etwas Hartes. Es war eher so, dass sie zu Boden gezogen wurden. Einer der Männer erhob sein Schwert und schlug gegen diese unsichtbare Wand. Das Schwert fiel mit lautem Krachen zu Boden. Nun nahm der mit der Narbe sein Gewehr, zielte auf den Großvater und drückte ab. Auch die Kugel konnte das Kraftfeld nicht durchdringen und landete drei Schritte entfernt von seinem Ziel auf einem Teppich.

„Alter Mann, noch versteckst Du Dich hinter Deinem Zauber. Doch irgendwann werden wir Dich ohne diesen erwischen. Dann entkommst Du uns nicht mehr“, brüllte der Narbige voller Zorn. „Du kannst mir nichts anhaben, selbst wenn Du direkt vor mir stündest“, erwiderte der Großvater gelassen. Der Kämpfer mit der Narbe wurde noch wütender: „Was redest Du da? Nie könntest Du gegen mich bestehen.“ Der alte Mann schmunzelte: „Wir können es gerne auf einen Versuch ankommen lassen, wenn wir Euch dann anschließend los sind.“ „Und wie stellst Du Dir das vor?“, rief einer der Männer. „Ich lasse einen von Euch in das Kraftfeld hinein. Nur ihn und sein Schwert. Er soll dann tun, was er vermag. Die Bedingung ist, dass alle übrigen in der Nähe der Wand bleiben.“

Der Mann mit der Narbe schien der Anführer zu sein. Er gab einem, der alle anderen im Raum um mindestens eine Kopflänge überragte, ein Zeichen. Die übrigen Männer traten einige Schritte zurück. Während der Riese langsamen Schrittes auf die Raummitte zuging, sprach der Großvater zu seinem Enkel: „Stell Dich hinter mich! Schau in die entgegengesetzte Richtung, so dass sich unsere Rücken gegenseitig berühren! Beweg Dich nicht und warte einfach ab!“ Der große Mann ging direkt auf den Großvater zu. Auf einmal gab es keine unsichtbare Wand mehr, die ihn zurückhielt. Der Kämpfer hob sein Schwert, zielte auf den Kopf des Großvaters und schlug zu.

Was nun geschah, versetzte die acht Männer in Erstaunen. So etwas hatten sie noch nie gesehen. Obwohl das Schwert direkt auf den Kopf des Großvaters zu schnellte, traf es nicht. Wie von einer unsichtbaren Kraft gelenkt, glitt das Schwert am Körper des Großvaters vorbei. Auch Maro war vom Geschehen fasziniert, obwohl er die Schläge des Kämpfers nicht direkt sehen konnte. Er bekam nur mit, wie das Schwert seitlich an ihm vorbeistreifte. Der Riese versuchte es erneut mit Hieben und Stichen von allen Seiten. Doch es war vergeblich. Das Schwert berührte weder den Großvater noch Maro. Völlig entmutigt ging der große Mann zu den anderen und sprach zum Anführer: „Was sollen wir nun tun? Wie können wir unter Deines Bruders Augen treten, ohne seinen Auftrag ausgeführt zu haben?“ „Ich weiß es nicht“, antwortete der mit der Narbe verärgert und ängstlich zugleich.

Nachdem die acht Männer davongeritten waren, stellte Maro fest: „Sie haben also im Auftrag gehandelt. Ihr wahrer Anführer war nicht unter ihnen. Es ist der Bruder des Narbigen.“ „Ich weiß“, entgegnete der Großvater. „Du kennst ihn?“, fragte Maro überrascht. „Ich habe ihn gesehen, ohne ihm je begegnet zu sein“, erklärte der Großvater. „Wie ist das möglich?“, verwunderte sich Maro. Der alte Mann erwiderte mit ruhigem Ton: „Vor einigen Jahren hatte ich eine Vision, in der ich die heutigen Ereignisse sah. Ich wusste, dass dies im 17. Jahr der Herrschaft von Reigen geschehen würde, welches die Menschen des Westens Anno Domini 1680 nennen. Der genaue Tag war mir jedoch nicht bekannt.“

„Wie konnte das alles geschehen, dieses unsichtbare Kraftfeld und dass uns das Schwert des Riesen nicht treffen konnte? Welche Magie hat das bewirkt?“, wollte Maro wissen. Der Großvater lächelte sanft: „Es hat mit dem zu tun, das sich dort befindet.“ Er wies mit seiner Hand auf eine alte Truhe, die rechts hinter ihm an der Wand stand. „Da drinnen befindet sich das Geheimnis, wonach die Männer gesucht haben. Die Truhe mit ihrem Inhalt erhielt ich von meinem Lehrmeister Takeo, bevor er starb. Er brachte mir alles bei, was ich heute vermag. Dazu gehören viele Dinge, welche andere Menschen für unmöglich erachten. Unsichtbare Kraftfelder zu errichten ist nur eines davon.“

„Darf ich mehr darüber wissen?“, fragte Maro neugierig. Der Großvater nickte: „Nun ist der Tag gekommen, an dem Du alles erfahren sollst. Und schon morgen werde ich beginnen, Dich alles zu lehren, was ich weiß und kann. Ich bin inzwischen alt geworden. Wenn ich diese Welt verlasse, sollst Du der Hüter des Geheimnisses sein und diese Truhe an Dich nehmen. Heute werde ich Dir vom Leben meines Meisters Takeo berichten. Du sollst wissen, was in der Vergangenheit geschehen ist und ihre Bedeutung für Gegenwart und Zukunft verstehen. Warte einen Moment, Maro!“

Der Großvater erhob sich und verließ den Raum. Nach einigen Minuten kam er mit einer Kanne und zwei Trinkgefäßen zurück. „Nehmen wir erst mal einen Tee zu uns.“ Er schüttete ein, beide nahmen ihr dampfendes Gefäß und nippten vorsichtig am heißen Getränk. Dann folgte ein Augenblick des Schweigens, den der Großvater nach einigen Minuten durchbrach. Er überreichte Maro ein gezeichnetes Bild und begann mit seiner Erzählung.

Samurai der goldenen Schlange

Dies ist der große Samurai Takeo in jungen Jahren. Damals hatte er eine schwarze Haartracht und trug einen Oberlippenbart. Als ich ihn kennenlernte, war er bereits grauhaarig und vollbärtig. Wie es für Samuraii üblich war, trug er in seinem Gürtel ein Katana und ein Wakizashiii. Beide Schwerter hatte er gemeinsam mit der Schneide nach oben durch den Gürtel gesteckt, in einem Winkel, der dem Gegner die Länge der Klinge verbergen sollte.

Das Bild entstand kurz vor einem denkwürdigen Kampf. Niemand konnte Takeo bis zu diesem Zeitpunkt besiegen. Doch dieser Kampf sollte anders werden als alle, die er je bestritten hatte. Denn nun traf er auf einen ebenbürtigen Gegner. Allerdings hätte schon ein früherer Kampf für Takeo verhängnisvoll enden können. Die Narbe an seinem rechten Auge erinnert an dieses Geschehen. Aus dieser Auseinandersetzung stammte auch eine weitere tiefe Narbe oberhalb seines rechten Knies, die allerdings hinter seiner Kleidung für andere nicht erkennbar war. Auf diesen bedeutungsvollen Kampf werden wir später noch zurückkommen.

Beginnen wir nun mit der Geschichte von Takeo und Isamu, zwei glorreichen Samurai. Seit ihrer Kindheit waren sie die besten Freunde. Nichts konnte sie entzweien. Selbst härteste Herausforderungen vermochten sie nicht in die Knie zu zwingen. Sie hatten große Pläne, wollten große Taten vollbringen. Doch dann kam der Tag, der alles zunichtemachte. Der Tag der Katastrophe! An dem Tag geschah, was nie passieren durfte. Und die Folgen waren schwerwiegend. Einer war von Neid zerfressen, der andere versank in tiefste Schwermut. Für einen der beiden bedeutete es schließlich das Ende.

iDie japanische Samurai Kaste entstand im 12. Jahrhundert. Zu dieser Zeit entstand auch das japanische Shogunat, ein System militärischer Führer. Unter dem Shogun war die nächst niedrigere Hierarchie der Daimyo, lokale Herrscher, die mit europäischen Fürsten zu vergleichen sind. Die Samurai waren die militärischen Diener eines Daimyo. Das Wort „Samurai“ bedeutet „Diener“, oder auch „Begleiter“.
(Quelle: www.akataiyou-no-nihon.com)

iiDas Katana ging im 15. Jahrhundert aus dem Tachi 太刀 (langes Schwert) hervor und wurde ab Ende des 14. Jahrhunderts (frühe Muromachi-Zeit) traditionell von japanischen Samurai verwendet, vor allem in Kombination (Daishō 大小, groß-klein) mit dem kurzen Wakizashi 脇指 (shōtō 小刀, kleines Schwert). Das Katana ist ein zum Rücken hin gebogenes anderthalbhändiges Schwert mit einer Klinge von über zwei Shaku Länge (das sind circa 60,6 cm) und einem Griff von unterschiedlicher Länge. Es wiegt ungefähr 750 bis 1000 Gramm. Ein Schwert mit einer Klinge mit weniger als zwei Shaku ist ein einhändiges Wakizashi (oder Shōtō = Kurzschwert) und eine mit weniger als ein Shaku ein Kampfmesser (Tantō, Aikuchi, Hamidashi).
(Quelle: Wikipedia)
Bilder: © Tatjana Strauch

Dienstag, 15. März 2022

Das Geheimnis des Lebens - Buchveröffentlichung

Ich habe hier schon länger nichts mehr von mir hören lassen und wollte schon fast mit dem Blogschreiben aufhören, doch ich habe es mir anders überlegt. Nun werde ich doch öfters den einen oder anderen Blogbeitrag schreiben. Ich beginne mal mit meinem letzten Buch, welches im Sommer 2017 veröffentlicht wurde. 

Im Dezember 2017 erschien bereits die zweite Auflage meines Romanes, der um einige tolle zeichnerische Illustrationen von Tatjana Strauch ergänzt wurden. Die gibt es allerdings nur in der Printversion und sind im Ebook nicht zu finden. Tatjana hat übrigens auch das Cover entworfen.

Ihr könnt es bei Amazon, bei allen anderen Portalen und natürlich in jeder Buchhandlung bestellen. In den nächsten Tagen werde ich eine Leseprobe in diesen Blog stellen. Jetzt gibt es schon mal eine Beschreibung:

Die Handlung

Japan im 16. Jahrhundert: Der Samurai Takeo ist des Kämpfens müde. Er tötet seinen besten Freund Isamu und ist darüber untröstlich. Den unerbittlichen Kampf gegen seinen einstigen Lehrmeister Masaru überleben beide Samurai, die darauf in eine Sinnkrise fallen.

Takeo begegnet einem alten Samurai-Meister, der ihm zwei Schriftrollen zeigt. In ihnen verbergen sich Geheimnisse, die sich in ferner Zeit mit anderen Erkenntnissen verbinden und dadurch die ganze Welt verändern werden.

Über 400 Jahre später verliebt Mark sich unsterblich in Yana und erlebt jede Menge Gefühlschaos, bis sich eine knisternde Romantik entwickelt. Zwei japanische Bodyguards überbringen Mark ein Erbe - eine Truhe mit uralten Schriftrollen. Er erlebt einen Überfall und einen Anschlag – zwei kritische Situationen, in denen ihn die beiden Japaner retten. Doch dann wird Yanas zehnjähriger Sohn Felix entführt. Jemand versucht so die Herausgabe der Schriftrollen zu erpressen. Wer steckt hinter den Anschlägen? Was macht diese alten Dokumente so wertvoll?


Für wen ist das Buch geeignet?

Leser von historischen Romanen kommen genauso auf ihre Kosten, wie die Anhänger spannender neuzeitlicher Belletristik. Neben knisternder Spannung enthält der Roman jede Menge Lebenshilfe. Die Dialoge enthalten Hinweise, wie Glücksgefühle entstehen, welche chemischen und neuronalen Prozesse im Körper beim Glücklichsein ablaufen, wie die eigenen Emotionen gezielt beeinflusst werden können und wo die Chancen und Grenzen des positiven Denkens liegen.

Ergänzt wird die Geschichte durch weltanschauliche Aspekte, die oft polarisieren, andererseits für einige „Aha-Effekte“ sorgen. Durch die alte Schriftrolle finden die Hauptpersonen Zugang zu alten und neuen Weisheiten: das Christentums in seinem Ursprung, die Geheimnisse des Daoismus und neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die das Leben revolutionieren.

Vergleichbare Bücher

Ähnlichkeiten in unterschiedlichen Teilbereichen weisen „Das Jesus Video“ und „Der Jesus-Deal“ von Andreas Eschbach, „Die Prophezeiungen von Celestine“ von James Redfield, sowie „Mysterio“ und „Die Kammer des Wissens“ von Ella Kensington auf.

Motivation

Mit dieser erzählenden Lebenshilfe möchte ich
1.    Impulse für ein glücklicheres Leben geben
2.    einen spannendender Roman bieten
3.    weltanschauliche Aspekte ergänzen, die oft polarisieren, aber auch für einige „Aha-Effekte“ sorgen