Der Soziobiologe Howard
Bloom hat nachgewiesen, dass auf der biologischen Ebene alle
Lebewesen, die in Gruppen zusammen leben, einen genetischen Marker
brauchen, damit sie die ihrigen erkennen können. Ratten
beispielsweise leben in Sippen zusammen. Droht eine Gefahr,
informieren sich die anderen Mitglieder des Clans und schützen sich
so gegenseitig. Ratten haben einen ausgeprägten Gemeinschaftssinn
und sind sehr fürsorglich untereinander. Wenn sie sich irgendwo
außerhalb ihrer Gruppe begegnen, erkennen sie sich am Geruch. So
wissen sie genau, wer zu ihrem Genpool gehört und wer nicht.
Wissenschaftler haben
mal einen Versuch gemacht. Sie nahmen eine Ratte aus ihrem Nest
heraus, wuschen sie, rieben sie anschließend mit dem Geruch der
Ratte einer rivalisierenden Gruppe ein und setzten sie wieder zurück
in ihr ursprüngliches Nest. Was meint Ihr, ist dann passiert? Die
Ratte wurde innerhalb von Sekunden totgebissen! Nicht weil man sie
fressen wollte, sondern weil sie sich außerhalb des eigenen Genpools
befand.
Einige Wissenschaftler
haben herausgefunden, dass es bei urzeitlichen Menschenhorden
ähnliche Verhaltensweisen gegeben haben muss. In bestimmten
sogenannten "primitiven Gesellschaften" wurden 22 % der
jungen Männer getötet, bevor sie "erwachsen" wurden.
"Erwachsen" heißt in diesen Gesellschaften, dass sie ca.
14-16 Jahre alt sind. Zu diesen 22 % kommt eine beträchtliche Zahl
junger Männer, die von anderen Clans umgebracht wurden. Diese hohe
Mordrate ist einer der Gründe, wieso die Menschen damals sehr viele
Kinder bekommen haben. Es war quasi eine Maßnahme zur
Artenerhaltung. Man hat weiterhin festgestellt, dass die damaligen
Menschen ca. 50-75 Personen als zum Genpool zugehörig begreifen
konnten. Das ist ungefähr die gleiche Ebene, auf der sich heute die
Ratten bewegen.
Zum Glück haben wir uns
heutzutage weiterentwickelt und das alles trifft auf uns doch nicht
mehr zu, oder? Leider doch! Nur gibt es jetzt unterschiedliche
Niveau-Ebenen. Die erste Ebene kann man z.B. in den amerikanischen
Slums beobachten. Dort haben wir jetzt ähnliche Zahlen wie auf der
"Rattenebene". Genügend Waffen sind da, um Menschen aus
rivalisierenden Gangs zu eliminieren. Die Gangkleidung ersetzt den
"Rattengeruch".
Auf der zweiten Ebene
werden also sogenannte "Meme" als Genmarker eingesetzt. Ein
"Mem" ist eine Gedankeneinheit, die sich durch
Kommunikation der Memträger vervielfältigt. Anstelle eines
"Genpools" gibt es jetzt einen "Mempool". Dieser
besteht aus Menschen, die in vielen Dingen genauso denken, wie man
selbst. Im Gegensatz zu ersten Ebene kann der jetzt schon 4000 oder
5000 Leute umfassen.
Wenn wir das Gen völlig
vergessen und komplett durch das Mem ersetzten können, befinden wir
uns auf der dritten Ebene. Jetzt gehören alle "Glaubensbrüder-
und schwestern", unabhängig von Rasse oder Nationalität, zu
den unsrigen. Aber auch wenn wir auf diese Weise unseren "Mempool"
schon als global bezeichnen können, gibt es auch hier eine
Gemeinsamkeit zu den anderen beiden Ebenen: Es gehören nur
diejenigen zu uns, die die gleichen Meme haben. Wenn jemand unsere
Meme nicht teil, werden wir rabiat.
Wenn Ihr Euch näher mit
diesem Thema befassen möchtet, finden Ihr unten einen beeindruckenden Vortrag von Vera F. Birkenbihl auf Video. Er dauert zwar fast 2
Stunden, aber das Anschauen lohnt sich auf jeden Fall.
Ich wünsche Euch ein
gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr."
Foto © : I. Friedrich / PIXELIO
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