Dienstag, 15. Oktober 2013

Welpen zu verkaufen


Ein Ladenbesitzer heftete ein Schild über seine Türe an, auf dem stand „Welpen zu verkaufen““. Schilder wie dieses haben eine große Anziehungskraft auf kleine Kinder, und tatsächlich erschien ein kleiner Junge unter dem Schild des Ladenbesitzers. „Für wie viel verkaufen sie die Welpen?“, fragte er. Der Ladenbesitzer antwortete: „Alle zwischen dreißig und fünfzig Dollar.“ Der kleine Junge antwortete: „Ich habe zwei Dollar, 37 Cents“, sagte er. „Kann ich sie mir bitte ansehen?“

Der Ladenbesitzer lächelte und pfiff, und aus der Hundehütte kam Lady, die den Gang vor dem Laden hinunterlief, gefolgt von fünf winzigen kleinen Fellbällen. Ein Welpe blieb weit hinter den anderen zurück. Sofort griff der kleine Junge den zurückbleibenden, hinkenden Welpen heraus und sagte: „Was ist mit diesem kleinen Hund los?“ Der Ladenbesitzer erklärte, der Tierarzt habe den Welpen untersucht und entdeckt, dass er keine Hüftgelenkpfanne hatte. Er würde immer hinken. Er würde für immer gelähmt sein. Der kleine Junge wurde aufgeregt: „Das ist der kleine Welpe, den ich kaufen möchte.“ Der Ladenbesitzer sagte: „Nein, du willst diesen kleinen Hund nicht kaufen. Wenn du ihn wirklich willst, werde ich ihn dir schenken.“

SnoopyDer kleine Junge geriet ziemlich außer sich. Er sah direkt in die Augen des Ladenbesitzers, zeigte mit dem Finger auf den Hund und sagte: „Ich will nicht, dass Sie ihn mir schenken. Dieser kleine Hund ist genauso viel wert wie alle anderen Hunde, und ich bezahle den vollen Preis. Das heißt, ich werde Ihnen jetzt zwei Dollar, 37 Cents geben und fünfzig Cents jeden Monat, bis ich ihn bezahlt habe.“ Der Ladenbesitzer entgegnete: „Du willst diesen kleinen Hund gar nicht kaufen. Er wird nie laufen und springen und mit dir spielen können wie die anderen Welpen.“

Als Antwort bückte sich der kleine Junge rollte sein Hosenbein auf, um ein stark verdrehtes, verkrüppeltes linkes Bein zu enthüllen, das durch eine große Metallschiene gestützt wurde. Er sah zu dem Ladenbesitzer auf und erwiderte weich: „Nun, ich laufe selbst nicht so gut, und der kleine Welpe wird jemanden brauchen, der ihn versteht.”

Mit dieser netten Geschichte von Dan Clark beende ich die Trilogie aus dem Buch “Hühnersuppe für die Seele”. Übrigens - der Welpe auf den Fotos ist unser Mitbewohner “Snoopy”. Auf dem ersten Foto ist er zwei Monate und auf dem zweiten dreieinhalb Monate alt. Der ist doch wohl knuffig, oder?

Freitag, 11. Oktober 2013

Eine einfache Geste

"Jeder kann großartig sein ... weil jeder dienen kann. Du musst kein Hochschuldiplom haben, um dienen zu können. Dein Subjekt muss nicht mit dem Verb übereinstimmen, damit du dienen kannst. Du brauchst nur ein Herz voller Güte. Eine Seele, die aus Liebe geschaffen ist."
(Martin Luther King jr.)


Mark ging eines Tages von der Schule nach Hause, als er bemerkte, wie der Junge vor ihm stolperte und alle Bücher, die er trug, und dazu einige Pullover, einen Baseballschläger, einen Handschuh und einen kleinen Kassettenrekorder fallen ließ. Mark kniete sich hin und half dem Jungen, die verstreuten Gegenstände aufzuheben. Da sie denselben Weg hatten, half er einen Teil der Last zu tragen. Als sie gingen, erfuhr Mark, dass der Name des Jungen Bill war, dass er Videospiele mochte, Baseball und Geschichten, dass er viele Probleme mit seinen anderen Fächern hatte und dass er sich gerade von seiner Freundin getrennt hatte.

ernstes BrudergesprächSie kamen zuerst zu Bills Haus, und Mark wurde auf eine Cola eingeladen und zum Fernsehen. Der Nachmittag verging angenehm mit viel Lachen und ein wenig Unterhaltung. Dann ging Mark nach Hause. Sie fuhren fort, einander in der Schule zu treffen, aßen miteinander ein- oder zweimal zu Mittag, dann schlossen sie beide ihre Mittelschulbildung ab. Sie landeten in derselben High-School, wo sie über die Jahre hindurch kurze Kontakte hatten. Schließlich kam das langersehnte Abschlussjahr, und drei Wochen vor dem Abschluss bat Bill um ein Gespräch mit Mark.

Bill erinnerte ihn an den Tag vor Jahren, als sie einander kennengelernt hatten. “Hast du dich je gefragt, warum ich an dem Tag so viele Sachen nach Hause getragen habe?”, fragte Bill. “Weißt du, ich habe meinen Spind ausgeräumt, weil ich keine Unordnung für irgendjemanden hinterlassen wollte. Ich habe ein paar von den Schlaftabletten meiner Mutter beiseite gelegt, und ich ging nach Hause, um Selbstmord zu begehen. Aber nachdem wir einige Zeit mit Reden und Lachen zusammen verbracht hatten, wurde mit klar, wenn ich mich umgebracht hätte, wäre mir diese Zeit entgangen und viele andere, die folgen könnten. Nun weißt du es, Mark! Als du an dem Tag meine Bücher aufgehoben hast, hast du viel mehr getan. Du hast mir das Leben gerettet.”

John W. Schlatterer (aus dem Buch “Hühnersuppe für die Seele”)

Foto © Dieter Kreikemeier / PIXELIO

Montag, 7. Oktober 2013

Die Berührung durch des Meisters Hand


SymphonieSie war ramponiert und zerkratzt, und der Auktionator fand es kaum der Mühe wert, viel Zeit mit der alten Violine zu verschwenden. Aber er hielt sie hoch mit einem Lächeln. “Was wird geboten, gute Leute?”, schrie er. “Wer fängt an zu bieten? Ein Dollar, ein Dollar!” Dann zwei! Nur zwei?

“Zwei Dollar, und wer bietet drei? Drei Dollar zum ersten, drei Dollar zum zweiten; drei Dollar zum dritten …” Aber nein! Aus dem Raum, weit hinten, kam ein grauhaariger Mann nach vorn und nahm den Bogen auf. Dann, indem er den Staub von der alten Violine wischte und die Saiten spannte, spielte er eine Melodie, rein und süß, wie ein Engel singt.

Die Musik verstummte, und der Auktionator sagte mit einer Stimme, die ruhig und leise war: “Was wird mir geboten für die alte Violine?” Und er hielt sie hoch mit dem Bogen. “Eintausend Dollar, und wer bietet zwei? Zweitausend! Und wer bietet drei? Dreitausend zum ersten, dreitausend zum zweiten; und zum dritten!”, sagte er. Die Leute jubelten, aber einige riefen: “Wir verstehen nicht ganz! Was hat ihren Wert erhöht?” Schnell kam die Antwort: “Die Berührung durch eines Meisters Hand.”

Und mancher Mann, dessen Leben außer Takt ist und ramponiert und zerkratzt vor Sünde, wird billig verkauft an die gedankenlose Menge, gerade wie eine alte Violine.

Ein Teller “Dicke Suppe”, ein Glas Wein; ein Spiel - und er reist weiter. Er geht “zum ersten” und geht “zum zweiten”. Er geht weg und ist fast gegangen. Aber der Meister kommt, und die törichte Menge kann nie ganz verstehen - den Wert einer Seele und die Erhöhung, die sie erlangt, bei der Behandlung durch des Meisters Hand.

Myra B. Welch (aus dem Buch “Hühnersuppe für die Seele”)

Foto © berlin-pics / PIXELIO

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Die Löwengeschichte


LöweEs war einmal ein Löwe, der in einer Wüste lebte, die ständig vom Wind durchweht war. Deshalb war das Wasser in den Wasserlöchern, aus denen er normalerweise trank, niemals ruhig und glatt; der Wind kräuselte die Oberfläche, und nichts spiegelte sich im Wasser. Eines Tages wanderte der Löwe in einen Wald, wo er jagte und spielte, bis er sich ziemlich müde und durstig fühlte.

Auf der Suche nach Wasser kam er zu einem Teich mit dem kühlsten (verlockendsten und angenehmsten) Wasser, das man sich überhaupt vorstellen kann. Löwen können – wie andere wilde Tiere auch – Wasser riechen, und der Geruch dieses Wassers war für ihn wie Ambrosia. Der Löwe näherte sich dem Teich und streckte seinen Schädel übers Wasser, um zu trinken. Plötzlich sah er jedoch sein eigenes Spiegelbild und dachte, es sei ein anderer Löwe. „Oh je“, sagte er zu sich, „das Wasser gehört wohl einem anderen Löwen, ich sollte vorsichtiger sein!“

Er zog sich zurück, aber der Durst trieb ihn wieder zum Wasser; und abermals sah er den Kopf eines furchterregenden Löwen, der ihn von der Wasseroberfläche her anstarrte. Dieses Mal hoffte unser Löwe, er könne den „anderen Löwen“ verjagen und riss sein Maul auf, um furchterregend zu brüllen. Aber als er gerade seine Zähne fletschte, riss natürlich auch der andere Löwe sein Maul auf, und der gefährliche Anblick erschreckte unseren Löwen.

Und immer wieder zog sich der Löwe zurück und näherte sich dem Teich. Und immer wieder machte er dieselbe Erfahrung. Nachdem einige Zeit vergangen war, wurde er aber so durstig und verzweifelt, dass er zu sich sagte: „Löwe hin, Löwe her, ich werde jetzt von diesem Wasser trinken.“ Und wahrlich, sobald er sein Gesicht in das Wasser taucht, war der „andere Löwe“ auch schon verschwunden.


(Shah 1978 - aus dem Buch “Die Löwen-Geschichte” von Bernhard Trenkle)


Foto © Katharina Hopp / PIXELIO