Stell Dir vor, Du bist irgendwo in der afrikanischen Steppe und
begegnest plötzlich einem wilden Tier. Jetzt wird Dein Fluchtinstinkt
dafür sorgen, dass Du rennst, bis die Socken qualmen. Der Fluchtinstinkt
ist also durchaus sinnvoll, weil er Dein Überleben sichern soll.
Wahrscheinlich hat Dir dieser Instinkt auch in der zivilisierten Welt
schon so manches Mal das Leben gerettet. Wenn Du die Straße überquerst
und ein Auto kommt plötzlich mit einem Affenzahn auf Dich zugebrettert,
dann ist es für Dich nicht gerade von Vorteil, wenn Du genau in diesem
Moment Deine logisch-analytischen Fähigkeiten aktivierst. Es wäre völlig
unsinnig, wenn Du Dich jetzt fragen würdest, ob es sich um einen
Mercedes oder einen Audi handelt und was der hier eigentlich will. Du
bringst Dich einfach nur mit einem beherzten Sprung in Sicherheit.
Ich habe mal ein witziges Lied der “Prinzen” gehört. Hier ein kleiner Textauszug:
“Sitzt du in Hessen
und würgst dich beim Essen,
oder winken in Schwaben
aus der Leberwurst Schaben,
dann empfiehlt dir die Gesundheitspolizei:
Vergammelte Speisen
zu überhöhten Preisen
sind zurückzuweisen!”
Dieser Dialog ist auch ganz ulkig: “Mama, was ist das Schwarze in
meinem Salat?” “Kind, das ist Pfeffer!” “Mama, hat Pfeffer Beine?”
Keiner von uns würde sich freiwillig ein verdorbenes Essen
reinziehen. Der Ekel vor Gammelfraß und unser Fluchtinstinkt haben eines
gemeinsam: Sie gehören beide zur Kategorie “Vermeidungsgefühle.”
Wahrscheinlich geht es Dir genauso wie mir, wenn Du an Deinen
nächsten Urlaub denkst - Du fühlst Dich gut und freust Dich schon
darauf. Selbst so unbequeme Aufgaben wie Kofferpacken und zum Flughafen
rennen, nimmst Du in Kauf, weil das tolle Erlebnis Deines Urlaubs
wesentlich mehr ins Gewicht fällt, als die Vorbereitungen. Die Aussicht
auf einen schönen Urlaub macht Dir “Belohnungsgefühle”.
Vermeidungsgefühle führen Dich von etwas weg, während
Belohnungsgefühle Dich zu etwas hin führen. Jeder Mensch erlebt
grundsätzlich beide Arten von Gefühlen, jedoch ist die Gewichtung
unterschiedlich. Der Fehler, der häufig gemacht wird, dass man oft
versucht, positive Ziele durch Vermeidungsgefühle zu erreichen.
Da wäre beispielsweise die Mutter, die sich einen gewaltigen Stress
damit macht, dass Sohnemann eine Klassenarbeit vergeigt. Nun ist die
gute Zensur und vielleicht sogar die Versetzung gefährdet. Es wird
geschimpft, gezetert und Druck gemacht: “Wenn Du Dich nicht anstrengst,
damit Deine Noten besser werden, dann gibt’s gewaltig Ärger.
Computerspiele sind vorerst gestrichen, solange Du nicht mindestens auf
“Drei” stehst.”
Das Ziel der Mutter, dass Ihr Sohn gut in der Schule wird, kann man
durchaus als positiv bewerten. Sie versucht dieses Ziel allerdings
dadurch zu erreichen, indem sie bei ihrem Sohn Vermeidungsgefühle
provoziert. Vermeidungsgefühle führen aber nie zu etwas hin, sondern
immer von etwas weg.
Ein richtig guter Schüler kann der Bursche nur werden, wenn
Belohnungsgefühle vorhanden sind. Das Maximum, was in unserem Beispiel
durch die Vermeidungsgefühle erreicht werden kann, ist das Verlassen der
Gefahrenzone. Vielleicht gelingt es ihm aus Angst vor Strafe, sich so
weit zu verbessern, dass er gerade noch so durchrutscht und nicht hängen
bleibt. Ist er dann aus der Gefahrenzone raus, ist die Motivation
schlagartig weg. Das muss auch so sein, weil uns diese Emotionen genau
zu diesem Zweck gegeben wurden. Vermeidungsgefühle haben die Aufgabe uns vor Gefahren zu schützen!
Voraussetzung für das Erreichen positiver Ziele ist eine positive
Motivation. Vermeidungsgefühle verhindern aber geradezu eine solche
Motivation. Wenn Du ein positives Ziel erreichen willst, aber in einer
“weg-von-Motivation” steckst, dann ändere Deine Ausrichtung in eine
“hin-zu-Motivation”. Formuliere Dein Ziel neu, bis es ein “hin-zu-Ziel”
ist. Wenn Du keinen Job hast, dann willst Du möglicherweise so schnell
wie möglich raus aus der Arbeitslosigkeit. Das wäre dann aber ein
“weg-von-Ziel”. Wenn man es richtig betrachtet, dann hast Du gar nicht
gesagt, was Du willst, sondern nur das, was Du nicht willst, nämlich
keine Arbeitslosigkeit.
Jetzt drehe die Sache einfach um: Was willst Du stattdessen?
Achte darauf, dass Du Dein Ziel positiv formulierst. Negationen wie
“nicht” “kein” und ähnliches sind tabu. Jetzt überprüfe für Dich, ob
Dein Ziel motivierend genug ist. Wenn Du meinst “Na ja, es wäre im
Grunde nicht schlecht, wenn ich es erreiche”, dann reicht das nicht aus.
Erst wenn es Dich “vom Hocker reißt”, kannst Du die volle Power der Motivation nutzen.
Nun kommt ein weiterer wichtiger Punkt hinzu: Dein Ziel muss selbsterfüllbar sein!
Ist die Erfüllung Deines Zieles von einem anderen Menschen abhängig,
dann führt das zu Machtverlust. Du wärst dann nämlich passiv und
abwartend, anstatt Dein selbst Leben in die Hand zu nehmen.
Selbstverständlich ist es völlig o.K., wenn Du Dir helfen lässt, um Dein
Ziel zu erreichen. Mach Dir dazu bewusst, dass es immer viele
verschiedene Möglichkeiten gibt, Dir Unterstützung zu holen und dass Du
selbst entscheidest, wann und von wem Du Dir helfen lässt. Auf diese
Weise bekommst Du ein Gefühl von Fähigkeit und Unabhängigkeit.
Weitere Aspekte für eine effektive Zielerreichung haben die Glückstrainer Claudia Pretzl und Stefan Moerder bereits im Beitrag “Glückliche Menschen erreichen bis zu 200 % ihrer normalen Leistungsfähigkeit”
dargelegt. Diejenigen, die mehr darüber wissen möchten, müssen sich noch
ein wenig gedulden. Demnächst erscheint mvon mir ein Buch zum Thema
“Ziele”.
Foto © : Karin Schmidt / PIXELIO
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